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Dienstag, 24. Oktober 2006
Mein guter Cop, mein böser Cop
tobiasschulz, 15:41h
Die Szene ist aus Filmen bekannt: Verhör. Ein nacktes Büro, diffuses Licht. Zwei Männer, meist in schlecht sitzenden Anzügen. Irgendwo eine Kaffeetasse. Eine verunsicherte Seele sitzt auf einem Stuhl.
Die Männer reden. Sie spielen Rollen. Der eine zeigt Verständnis, bietet eine fast schon helfende Hand. Der andere droht mit der ganzen Härte des Gesetzes – und meist der Dramaturgie des Films entsprechend noch darüber hinaus. Es sind Cops, die von der unruhig auf ihrem Stuhl sitzenden Gestalt ein Geständnis erringen wollen. Es ist ein Spiel, das man schon hundert Mal in irgendwelchen abgehangenen Filmen oder in am Fließband produzierten Krimiserien gesehen hat. Nichts besonderes, müsste man meinen... ...außer: man nimmt daran teil! So geschehen am vergangenen Wochenende. Ich wusste nicht, wie mir geschieht. Man schickte mich zu unseren Hausdetektiven. Ich sollte übersetzen. Über was sich viele nicht im Klaren sind: ja, wir haben in der Tat Hausdetektive. Ihre Aufgabe ist es, den Park und vor allem unsere Geschäfte zu observieren. Eigentlich wie in jedem Kaufhaus. Und sie machen einen guten Job. Fast meint man, sie seien unsichtbar. Unter all den zweifelhaft gekleideten Touristen fallen sie nicht auf. Das ist ihre Aufgabe. Und so erwischen sie immer wieder jemanden, der denkt, Disney sei so blöd nicht auf seine Waren aufzupassen. So auch diese Dame, die ich dort auf einer unbequemen Holzbank sitzen sah, als ich im Büro unserer Detektive ankam. Glücklich sah sie nicht aus. Um sie herum Einkaufstüten. Sie starrte auf den Boden. Der Chef der Detektive stellte sich mir vor und erkläre mir kurz, was nun passieren würde. Es war das erste Mal, dass ich zu einer Übersetzung gerufen wurde. Mir wurde eingebläut ja nicht für unseren ”Gast” Partei zu ergreifen. Okay, begriffen. Das Verhör war faszinierend. Vor allem die Art, wie er die Fragen stellte. Zu Anfang wusste sie von nichts. Er wiederholte seine Frage. Sie gestand ein bisschen ein. Dann wieder die Frage. Sie gestand mehr. Dann noch mal. Er war tough. Sein Ton war einschüchternd. Ich kam mir vor, wie im Kino. Ich hörte mich Sätze sagen wie: ”Das Beste für Sie wäre nun wirklich die Wahrheit zu sagen.” Ich war aufgeregt. Es war spannend. Ich grinste wie ein Blöder während die Person neben mir ihren Urlaub mit einer Strafanzeige beendete. Ich war der gute Cop, der andere der böse. Er war der Boss. Er dirigierte. Er erreichte sein Ziel. Am Ende war so viel gestanden, wie sie wohl im Moment gestehen konnte. Es war vorbei. Sie war fertig. Und mit dem Hinweis ”Sie warten nun hier, bis die Polizei Sie auf das Kommissariat bringt.” ich auch. Was aus ihr wurde, weiß ich nicht. Eigentlich interessiert es mich auch nicht sonderlich. Es ist schlicht Teil meiner Arbeit. Ein aufregender Teil. ”Tatort” live. Darf ich nun nächstes mal böser Cop spielen? |