Mausgebloggt
Dienstag, 10. Oktober 2006
Mein Babylon
Ich bin in Frankreich. Man spricht Französisch. Sollte man jedenfalls meinen. Doch während ich mich mit diesem obskuren Nachkommen des Lateins (letzteres half mir übrigens nie beim Verständnis der Sprache unserer linksrheinischen Nachbarn – inklusive der Saarländer) abmühe, spricht um mich herum alle Welt alles Mögliche. Nur eben kein Französisch.
So spricht einer meiner portugiesischen Kollegen mit mir stets Deutsch, da er diese unsere Sprache Schillers, Goethes und Bundestagspräsident Lammerts erlernen möchte. (Dass ich kein Wort Portugiesisch spreche und auf Französisch immer noch Probleme habe, einen Kaffee zu bestellen, scheint ihn nicht weiter zu stören.) Auch ein Engländer, der gerade noch Französisch verunstaltete tat, das selbe mit meiner Muttersprache als er meine Herkunft erfuhr. Und dabei muss man dann auch noch freundlich bleiben. Fünf Minuten später bat mich mein indischer Kollege – allerdings in Französisch (wenn auch gebrochen) – darum, doch einen wildfremden Menschen in Deutschland anzurufen, um ihn zu erklären, das wir ein Fundstück für ihn hier hätten. Ich sprach mit dem guten Mann auf Deutsch. Wirklich verstanden hat er nicht. Ich glaube er kam aus dem Osten...

Dann gehe ich in die Mittagspause. Und plötzlich unterhalten sich alle meine Kollegen auf Italienisch.
Am Abend finde ich mich dann auf einmal unter lauter Skandinaviern. Da spricht eine so absolut strohblonde Dänin auf Dänisch einen nicht minder blonden Schweden an, der dann auf Schwedisch antwortet. Was zu einem wilden Gemisch aus Sprachfetzen führt, die man sonst nur vom Koch aus der Muppet Show kennt. Drehe ich mich um, so wird es nicht besser. Im Gegenteil. Dort spricht man Finnisch. Ausschließlich. Mittlerweile glaube ich ja, dass alle Finnen ab September ihr Land verlassen um den Winter im warmen Süden zu verbringen. Und irgendwo meinen die wohl, dass Paris schon warm genug sei. Das mag mal einer verstehen. Jedenfalls kenn ich hier nach gerade mal drei Wochen so viele von dieser Sorte, dass ich mich wirklich frage, ob noch irgendjemand in Helsinki übrig geblieben ist, um dort das Licht für die nächsten paar Monate auszuschalten...

Die einzige Sprache, die mir noch weniger Sinn zu machen scheint als das wirre finnische Gefasel, ist ... Spanisch. Die Frage ”Aaaablasss Esss-pann-johl?” wird mir an guten Tagen etwa 80 mal um den Kopf geworfen. Mit Händen und Füßen erkläre ich dann, dass die Parade um 16 Uhr statt findet. Keine Ahnung, ob sie das wirklich wissen wollten. Zumindest gehen die Stierkämpfer dann wieder.

Mit einem rede ich allerdings tatsächlich doch Französisch. Mit Deniz. Er kommt aus Köln.

link (1 Kommentar)   kommentieren


Dienstag, 3. Oktober 2006
Mein McDonald's ... online
Ich sitze bei McDonald’s. Und surfe. Im Netz. Unglaublich.
Die Frittenbude hier in diesem netten, vor Marmor glänzenden Einkaufszentrum gleich neben den Disneyparks bietet eine drahtlose Internetverbindung. Kostenlos. Na ja, quasi jedenfalls. Es empfiehlt sich (der Höflichkeit wegen) doch zumindest einen kleinen Kaffee und einen Muffin zu bestellen. Am Ende wird daraus dann doch wieder ein Big Mac Menü – trotz guter Vorsätze und dem Gedanken, was diese Fettbombe mit Arterien, Leber, Herz, Nieren und der Potenz alles anstellen kann. Gibt’s noch Ketchup dazu?

Fairnesshalber muss allerdings angemerkt werden: ”McDo’” ist in La France nicht so schlecht wie anderswo. Ja, man kann sich sogar fast dazu hinreißen lassen zu sagen: es schmeckt. Jedenfalls irgendwie. Ich weiß wirklich nicht, wie es diese Franzosen schaffen, aber die Qualität von Cheeseburger, Nuggets und Co. ist in der Tat besser als in Good Old Germany. (Fröhlichen Tag der Deutschen Einheit übrigens... sagt man das eigentlich? Und wenn nicht: warum?) Und egal zu welcher Tages- und / oder Nachtzeit man kommt: der Fraß ist frisch und dementsprechend warm. Die Läden sind zudem sauber und die Mitarbeiter scheinen allesamt gebürtige französische Staatsbürger zu sein und nicht Wirtschaftsflüchtlinge aus irgendeinem Dritt-Welt-Land mit abgebrochener Hauptschulausbildung.
Es ist wahrlich bemerkenswert.

Und die Franzosen lieben es! (Entschuldigung, ich wollte eigentlich keine Anspielung auf diesen lahmen Werbespruch an dieser Stelle bringen... doch es ließ sich nicht vermeiden. Absicht war es nicht. Ehrlich.)
In Paris selbst findet man an jeder Ecke einen McDonald’s. Egal ob auf der Champs Elysées, nahe Notre Dame, am Montmartre oder in den Gassen von St. Germain. Jeder Boulevard und jede Avenue scheint ihre eigene Filiale zu haben. Ronald McDonald ist mittlerweile so französisch wie Foie Gras oder Jerry Lewis.
Die einzige Alternative zu den goldenen ”Ms”: die belgische Fast-Fraß-Kette ”Quick”... wer allerdings einen Whopper möchte, dem sei empfohlen kurz den Eurostar-Zug nach London zu nehmen. In Paris wird er nämlich keinen Burger King finden.

Und so mampfe ich weiter leicht schuldbewusst meine Pommes frites, süffele an meiner ”Coca Light” und surfe. Im Internet. Mit meinem Computer. Kostenlos.
Ich liebe es.

link (1 Kommentar)   kommentieren


Freitag, 29. September 2006
Meine Einzelzelle
Das Disney-Leben besteht meist aus Arbeiten, sich über die Arbeit beschweren, gelegentlich etwas feiern und schließlich sein Zimmer mit jemand wildfremdes zu teilen. Was besonders lustig ist, wenn der jeweilige Mitbewohner ein ausschweifendes Liebesleben vorzuweisen hat.

Zu sorgen habe ich mich darüber jedoch nicht mehr. Seit Gestern. Denn da bin ich umgezogen. In ein Einzelzimmer. Dies hat in etwa die Größe eines durchschnittlichen Wandschranks, aber ich bin dennoch zufrieden. Endlich kann ich die Tür hinter mir zu machen. Und meine Ruhe haben. Und mich einrichten. Ich fang an zu leben.

Und so schlicht ist das nicht. Ich kenne Leute hier, die in etwa gleichgroßen Zimmern mit jemand anderem leben müssen. Viel Spaß dabei.

Wie kam es aber nun dazu? Der freundliche Pole ist nun weg. Und mein französischer Mitbewohner wollte seine Freundin in die Wohnung holen. Kein Problem für mich. Die gelegentliche Abendunterhaltung durch die dünnen Wände kann ich verkraften. Ist ja schön zu wissen, dass die beiden sich, äh, lieb haben. Könnte also schlimmer sein.

Und ich hab mein Zimmer. Meine Ruhe. Mein Refugium.

Allerdings, das muss gesagt werden, habe ich nun deswegen auch die Suche nach einer vernünftigen Wohnung hier in der Umgebung für's Erste ausgesetzt. Ich will sehen, wie sich mein Französisch entwickelt und ob es wirklich Sinn macht, sich hier für längere Zeit häuslich niederzulassen. Dann kann ich immer noch etwas netteres suchen.

Für den Moment läuft's gut. Mit dem Job. Mit Paris. Und mit meiner Einzelzelle.

link (0 Kommentare)   kommentieren